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Interview mit RSB-Präsident Willi Palm und RSB-Geschäftsführer Uwe Pakendorf

„Den Verband zukunftsfähig machen“

Das Jubiläumsjahr ist vorüber und der Rheinische Schützenbund startet nun offiziell in die nächsten 150. Doch was genau ist geplant? Im gemeinsamen Interview blicken RSB-Präsident Willi Palm und RSB-Geschäftsführer Uwe Pakendorf voraus und berichten über die anstehenden Projekte für das Jahr 2023. Neben dem Thema „Waffenrecht“ geht es dabei unter anderem auch um die Themen Digitalisierung und die Zukunft des Verbandes im Allgemeinen.

Frage: Hallo Herr Palm, hallo Herr Pakendorf. Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für dieses Interview genommen haben. Bevor wir richtig einsteigen und auf die kommenden Aufgaben in diesem Jahr blicken, würde ich gerne auf 2022 zurückschauen. Wie fällt Ihr Fazit aus?

Willi Palm: Aus meiner Sicht hatten wir einige bemerkenswerte Ereignisse in 2022 – trotz der Pandemie, der Energiekrise und dem Krieg in Europa gab es viel Positives festzustellen: Da wäre einmal aus sportlicher Sicht das beste Ergebnis im Medaillenspiegel der Deutschen Meisterschaften. Dazu kommen viele erfolgreiche Schützinnen und Schützen, die sich auch in internationalen Wettbewerben einen Namen machen konnten. Ebenfalls zu nennen ist natürlich die Jubiläumsfeier „150 Jahre RSB“ in Düsseldorf und der Empfang der Schützen im Landtag Nordrhein-Westfalen. Wir haben wieder einiges erleben dürfen.

Uwe Pakendorf: Wenn ich für die Geschäftsstelle spreche, dann war 2022 ein sehr herausforderndes Jahr. Auf der einen Seite hatten wir erstmalig wieder ein „normales“ Geschäftsjahr nach den Wirren der Corona-Pandemie. Dies hat auf der anderen Seite dazu geführt, dass wir sehr viele Nachhol-Effekte zu verzeichnen hatten und sehr viel Arbeit entstanden ist. Zudem war das Jubiläumsjahr sehr aufwändig und nicht zu vergessen die Herausforderungen der Energiekrise, die wir gut gemeistert haben – allein beim Gasverbrauch haben wir in der Geschäftsstelle 38 Prozent eingespart. Zudem haben wir uns mit allen Mitarbeitenden einem umfassenden Digitalisierungsprogramm unterworfen, um unsere internen Prozesse hinsichtlich Zeit- und Geldersparnis zu optimieren. Also summa summarum: wir sind froh, dass wir das Jahr gut gemeistert haben und zudem das prognostizierte Haushaltsminus deutlich niedriger ausgefallen ist.
 

Frage: Nun geht es nahtlos weiter in 2023. Brandaktuell wird vor allem das Thema Waffenrecht diskutiert. Was unternimmt der RSB?

Uwe Pakendorf: Ja, das ist richtig. Eine Verschnaufpause wird uns nicht gegönnt (lacht). Auch wenn es nicht für jedes Mitglied zwangsläufig immer sofort sichtbar wird, arbeiten wir fast täglich daran, Ministerien und Abgeordnete anzuschreiben, um ihnen unsere sachlichen Einwände zu den sehr einschneidenden gesetzlichen Maßnahmen zu schildern. Sichtbar wird dies in den nächsten Wochen durch mehrere Podiumsdiskussionen mit Landtags- und Bundestagsabgeordneten, die wir verteilt über unser Verbandsgebiet veranstalten.

Willi Palm: Neben der aktuellen Diskussion um eine erneute Verschärfung des Waffenrechts steht auch noch nicht fest, wie die Thematik „Blei im Schießsport“ endet. Beide Themen berühren uns in den Grundfesten des Schützenwesens. Wir alle im RSB - Schützen, Präsidium und auch die Geschäftsstelle, nicht zuletzt auch der DSB - respektieren rechtliche Vorgaben und auch wir geben uns noch weitere Regeln, um unsere Umwelt vor unnötigen Belastungen und/oder Gefährdungen von Menschen, Tieren und Umwelt fernzuhalten. Bedauerlicherweise erkennen bestimmte Fraktionen im Bundestag, aber auch in der EU, dies nicht.

Der RSB hat sich bisher den kritischen Themen sehr engagiert gestellt und auch richtungsweisende Leitlinien formuliert, die dann in enger Zusammenarbeit mit dem DSB und anderen betroffenen Verbänden den deutschen und europäischen Politikern vorgetragen wurden. In Gesprächen mit den politischen Entscheidern wird sehr vehement auf unsere Positionen hingewiesen. Das wird eine Aufgabe sein, die uns in 2023 sehr beschäftigen wird. Wir bleiben dran.
 

Frage: Dran bleiben wir auch am Schwerpunkt Energiekrise. Wie ist die Lage des RSB bzw. wie kann der Verband seinen Vereinen in diesem Jahr helfen?

Willi Palm: Der RSB als Verband verfügt leider über keine eigenen Finanzmittel, um Vereinen, die in Not geraten sind, zu helfen. Durch intensive Beratungsangebote in den verschiedensten Medien des RSB erhalten die betroffenen Vereine Hinweise zu Fördermittel und ggfs. zu anderen Lösungen ihres Problems.

Uwe Pakendorf: Ja, es lohnt sich, mal auf unserer Homepage oder auch beim LSB NRW vorbeizuschauen. Dort wird unter anderem über den Energiepreisdeckel für Sportvereine informiert. Zudem werden in diesem Jahr allen Vereinen die Ausbildungskosten für Übungsleiter- und Trainerausbildungen mit bis zu 500 Euro vom LSB NRW gefördert – auch das hilft bei der Gewinnung neuer Ehrenamtler und entlastet finanziell. Das gerade erst veröffentlichte zusätzliche Digitalisierungs-Programm für Sportvereine kommt ganz frisch noch mit weiteren 30 Millionen Euro en top dazu. Leider fehlen vergleichbare Initiativen unseren Vereinen in Rheinland-Pfalz.

Aber zur Energiekrise zurück: in Kürze bietet der RSB noch im Frühjahr ein virtuelles Seminar-Programm zum Thema Energieeinsparung in Schützenvereinen an. Zudem wird es auch Veranstaltungen zu technischen Energieeinsparungslösungen zugeschnitten auf Schützenheime und Schießstände und zu Förderprogrammen zur Finanzierung solcher Umbau- und Modernisierungsmaßnahmen geben.
 

Frage: Lassen wir die Krisen zumindest für dieses Interview mal hinter uns und widmen und anderen aktuellen Themen für das Jahr 2023. Was könnte/wird sich in diesem Jahr im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit verändern?

Willi Palm: Als wir im Herbst 2022 die Sorge hatten, dass der Haushaltsabschluss aufgrund der Krisen nicht mit einem Überschuss abgeschlossen werden könne, haben wir etliche Konsolidierungsmaßnahmen diskutiert und sofort damit begonnen, die wirksamsten Ideen umzusetzen. Eine der Möglichkeiten ist, das RSB-Journal als gedruckte Informationsquelle umzustrukturieren. Zurzeit werden Ideen gesammelt, wie wir unsere Mitglieder am besten umfassend und zeitnah informieren können. Eine der Möglichkeiten ist das RSB-Journal als sogenanntes ePaper zu erstellen. Eine solche Entscheidung berührt jedes einzelne Mitglied. Deshalb haben wir eine Umfrage gestartet, deren Ergebnisse uns hoffentlich eine gute Entscheidungsgrundlage bietet. Ferner ist geplant, den Internetauftritt noch „kunden“freundlicher zu gestalten.
 

Frage: Welche Maßnahmen die Geschäftsstelle betreffend sind darüber hinaus noch geplant?

Willi Palm: Vor knapp 10 Jahren wurde die Geschäftsstelle so optimiert, als eine umfassende Servicestelle für die RSB-Schützinnen und Schützen zu agieren. Hier ein Dank an die hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die diese Neuausrichtung mitgetragen und entscheidend geprägt haben. Um die Arbeitseffizienz zu steigern, wurde vor drei Jahren eine neue Mitglieder-Verwaltungssoftware in Betrieb genommen. Das Projekt ist positiv abgeschlossen worden. Die Mitgliederverwaltung soll bis Ende dieses Jahres mit der Homepage über das Modul „Mein RSB“ verknüpft werden.

Uwe Pakendorf: Das ist richtig. Wir werden in einem mehrstufigen Verfahren versuchen, immer mehr Service-Dienstleistungen über „Mein RSB“ digital anzubieten. Vor allem die Vereinsmitglieder sollen individuell direkt davon profitieren.
 

Frage: Gibt es weitere Projekte, an denen das Präsidium/die Geschäftsstelle derzeit arbeitet?

Willi Palm: Wie bereits erwähnt, sind unsere Haushaltsmittel endlich. Das bedeutet, dass im investiven Bereich Zurückhaltung geboten ist. Tatsache ist, dass wir an den Ausgaben „schrauben“ können, aber im Einnahmebereich kann derzeit keine weitere Finanzlast auf Vereine und Mitglieder abgewälzt werden. Vielmehr wird auf Einnahmemehrung bei Verkauf unserer Produkte und ein Schub bei Spenden und Sponsoring hingearbeitet. Beim Sponsoring waren in den letzten beiden Jahren Rückgänge festzustellen. Nun gilt es, vorhandene Partner zu halten und neue dazu gewinnen. Beides wird sehr schwer sein, da Industrie und Handel, mit denen wir bisher zusammengearbeitet haben, ebenfalls mit dem Überleben zu kämpfen haben.

Uwe Pakendorf: Ich erwähne hier nochmal das Thema „Digitalisierung“ – und zwar in wirklich allen Abläufen in der Geschäftsstelle. Wir hoffen, damit den Service zu erhöhen. Zudem arbeiten wir gerade auch daran, unsere Geschäftsstelle energetisch zu modernisieren. Eine von der BAFA geförderte Energieberatung mit dem Ziel eines Schritt-für-Schritt Modernisierungsfahrplans haben wir bereits durchgeführt. Das geht nicht ohne Investitionen in Modernisierungen. Wir wollen damit natürlich auf unseren Beitrag zur Energie- und Klimakrise leisten, aber vor allem laufende Kosten einsparen. Dies kommt direkt unseren Mitgliedern zu Gute.

Besonders freue ich mich allerdings, dass das Präsidium die Idee unterstützt, dass wir wieder als Geschäftsstelle in eine Ausbildungsstelle investieren dürfen. In Kürze werden wir einen dualen Ausbildungsgang zur/zum Sport- und Fitnesskauffrau/mann ausschreiben mit dem Ziel, zum neuen Ausbildungsjahr eine/n neue/n Auszubildende/n zu finden. Interessenten können sich bereits jetzt jederzeit gerne bei mir melden!
 

Frage: Was steht aus sportlicher Sicht in 2023 an?

Willi Palm: Hier haben wir die Hoffnung, dass sich eine/r unserer Spitzensportler/innen ein Ticket für Olympia 2024 in Paris „erschießen“ kann. Das wäre ein guter Pluspunkt und ein besonderer Höhepunkt für unseren Verband. Und - wir könnten hoffen, dass damit ein Anreiz für unseren Sport gegeben würde.

Uwe Pakendorf: Hinter uns liegt ja erst das erfolgreichste Sportjahr in der Geschichte des Rheinischen Schützenbundes. Natürlich würden wir uns freuen, wenn unsere Schützinnen und Schützen an diese Leistung anknüpfen können. Wir wünschen jedenfalls allen Sportlerinnen und Sportlern viel Erfolg und „Gut Schuss!“.
 

Frage: Und beim RSB? Wie sieht es um die Zukunft des Verbandes aus?

Willi Palm: Wir konnten spüren, dass das Interesse am Sport während der Corona-Zeit zurückgegangen ist. Dennoch hatten wir im RSB in 2022 einen erfreulichen Mitgliederzuwachs von 997 neuer Personen – andere Sportverbände beklagen allerdings einen großen Mitgliederschwund. Das ist ein guter Abschluss und das ist das Level, das wir in den letzten 10 Jahren hatten.

Was allerdings große Sorge bereitet, ist die zunehmende Zahl unbesetzter Funktionsstellen im Ehrenamt. Die Bereitschaft, ein verantwortungsvolles Ehrenamt zu übernehmen, ist kaum noch vorhanden. 2022 hatten wir einige Vakanzen bei den Bezirksvorsitzenden. Das ist eine besorgniserregende Situation, vor allem wenn man bedenkt, dass die Bezirke als selbständige Organisationen handlungsfähig sein müssen. Die Gründe sind vielfältig und in Einzelfällen nachvollziehbar. Aber wenn wir in die Zukunft schauen, wird in diesen Organisationseinheiten nicht mehr viel passieren. Das bedeutet ein Vakuum, was wir uns in unserem Sport nicht erlauben dürfen.

Uwe Pakendorf: 2022 war ein Jahr des Aufholens nach Corona – das sehen wir auch an den Zahlen im LSB NRW und LSB Rheinland-Pfalz allgemein. Hier hat auch die Politik mit vielen Fördermaßnahmen mitgeholfen. Mit das wichtigste Ziel der nächsten Jahre ist es aber, wie schon unser Präsident gerade ausgeführt hat, dass wir wieder mehr ehrenamtliches Engagement nicht nur auf Verbandsebene, sondern vor allem in unseren Vereinen an der Basis erreichen. Überall hören wir, dass weniger Übungsleiter und Trainer zur Verfügung stehen. Entsprechende Ausbildungen finanziell zu fördern, ist deswegen ein erster richtiger Ansatz. Zudem setzen wir uns bei der Politik aber auch dafür ein, dass sportliche Fortbildungsangebote als beruflicher Sonderurlaub anerkannt werden. Wir brauchen einen gesamtgesellschaftlichen Konsens darüber, dass Vereinssport zur Daseinsvorsorge unserer Gesellschaft gehört. Dafür werben wir.
 

Frage: Zum Abschluss dieses Interviews bleibt mir dann nur noch die Frage: Was empfehlen Sie, um den Verband zukunftsfähig zu machen?

Uwe Pakendorf: Dazu kann ich folgende Schlagworte nennen: Prozesse optimieren und in allen Bereichen digitalisieren, mit Informationen und Dienstleistungen direkter zu unseren Vereinsmitgliedern vordringen und unser Service-Level hochhalten – das sind für mich als RSB-Geschäftsführer die Aufgaben der Zukunft. Dazu brauchen wir qualifiziertes und motiviertes Personal – im Hauptamt und im Ehrenamt. Dieses zu halten und neues hinzuzugewinnen wird die Kunst der Zukunft sein – in einer Welt des Personalmangels auf allen Ebenen. Das klingt vielleicht nicht gerade optimistisch. Wer mich kennt, weiß jedoch, dass ich das eher als Herausforderung und nicht als Gefahr ansehe.

Willi Palm: Es wäre zudem zu überlegen, ob Aufbau und Organisation für die Erledigung der Aufgaben gestrafft werden könnten. Das fängt bei der Vielzahl der Wettbewerbe an. Zur Durchführung werden immer mehr Aufsichten, Kampfrichter und andere Helfer gebraucht. Das zehrt an den Kräften der Ehrenamtler und es kostet zusätzliches Geld –vom organisatorischen Aufwand ganz zu schweigen. Es ist über eine Neuorganisation der Meisterschaftsabfolge nachzudenken. Hier wirkt sich die Altersstruktur in die Planungen unserer Sportleitung aus. Die älteren Schützen sind die stärkste Gruppierung (in allen Disziplinen und Bereichen) innerhalb des Verbandes. Zunehmend wird es schwieriger, geeignete Orte für Landesverbandsmeisterschaften zu finden, die der Situation dieser Altersgruppe gerecht wird. Fahrtwege und –zeiten, oft auch die Kosten für mehrere Starts an mehreren Tagen, können und wollen viele nicht mehr auf sich nehmen. Hier hat ein Strukturwandel stattgefunden, der sich auch auf die wirtschaftlichen Bereiche niederschlägt. Da müssen wir bald reagieren.

Eine Strukturreform alleine nur durch die Neugliederung von Bezirken und Kreisen vorzunehmen, würde andere Konflikte auslösen. Das hat der Verband in seiner Vergangenheit bitter zu spüren bekommen. Daher muss genau hingeschaut werden, was geändert werden soll – ob es funktioniert, ob es besser wird als vor der Reform. Und das kann nicht innerhalb eines Jahres abgewickelt werden.

Vielen Dank für das Interview und die ausführlichen Einblicke in das Verbandsleben.

Foto: Daniel Höfelmanns

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