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Aus der Mottenkiste: Das Bensberger Hirschfest

In unserer Rubrik „Aus der Mottenkiste“ lernen wir heute das „Bensberger Hirschfest“ kennen und erfahren, was es damit überhaupt auf sich hat. Noch heute feiert die Schützengilde „Jan Wellem“ e.V. Bensberg traditionell ihr Hirschfest im Gedenken an ein Ereignis im Jahre 1790, um die Erinnerung an ein Stück bergischer Geschichte aufrecht zu erhalten.

Früher war das Jagdrecht mit dem Grundbesitz so eng verknüpft, dass jeder freie Deutsche auf seinem Eigentum jagen durfte. Später wurde dieses Recht immer mehr eingeengt. Langsam verschwand das allgemeine Jagdrecht, ohne dass Schutz und Ersatz für Wildschäden geboten wurde. Die Jagd wurde mehr und mehr zu einem „fürstlichen und adeligen Pläsier“.

Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass auch die bergischen Landesherren ihr Hauptaugenmerk dem Königs- und dem Frankenforst mit seinem reichen Wildbestand zuwandten. Dieser große Forst war von Iddelsfeld bei Thurn entlang Leidenhausen bis nach Troisdorf mit einem Wildzaun umgeben, um die Felder zu schützen und das Wild beisammen zu halten. Die bergwärts gelegene Waldgrenze wurde durch einfache Pfähle oder Marksteine bezeichnet.

Um sich vor Wildschäden zu schützen, mussten die angrenzenden Fluren durch Wächter gehütet werden, wollte man sich nicht der Gefahr aussetzen, in kurzer Zeit die schöne Saat, vielleicht einer armen Familie einzigen Winterunterhalt, vernichtet zu sehen. Bei den strengen Jagdgesetzen konnte jedoch von einem ausreichenden Schutz gegen das Wild keine Rede sein. Nicht Waffen waren des Wächters Ausrüstung, sondern Knüppel und stumpfe Stecken ohne Eisenbeschlag. Um das Wild nicht zu ängstigen, war sogar Hundegebell und allzu lautes Schreien verboten, geschweige denn zu schießen. Wehe dem, der heimlich das Bellen eines Hundes nachahmte! Dass sich dabei die Hirsche und Sauen wohlfühlten, der Unwille der Bauern aber in dem Grade wuchs, wie sich das Wild vermehrte, ist begreiflich.

Nach wie vor hielten die Landesherren mit ihrem Gefolge große Treibjagden ab, die den Landleuten in der Umgebung des Königsforstes großen Schaden zufügten. Auch wurde den Ämtern eine Jagdsteuer unter dem Namen „Schweinehatzgeld“ auferlegt. Dass alles erregte den Unwillen der Bevölkerung immer mehr. Kein Wunder, wenn sich viele zu heimliche Vertilgungskämpfe gegen das verhasste Wild verleiten ließen. Aber wehe dem ertappten Wilderer! Er wurde schärfer als ein Mörder behandelt. Und wie oft gab es blutige Auseinandersetzungen zwischen Waldhütern und Wildschützen. Durch diese Zustände wuchs die Erbitterung in der Bevölkerung, sodass Abhilfe dringend nötig war.

Zahlreiche Bittschriften um Verminderung des Wildbestandes gingen bei der Hofkammer in Düsseldorf und beim Kurfürsten Carl Theodor ein, der in seinen alten Tagen in München lebte. Matthias Liborius Stucker, Amtsanwalt in Bensberg, Vater des bekannten Freiheitshelden Ferdinand Stucker von Weyerhof, nahm sich der Bauern an und setzte beim Kurfürsten eine Zählung des Wildes durch. Da diese Zählung jedoch Bezirksweise durchgeführt wurde, kam durch das Intrigenspiel eines kurfürstlichen Oberjägers ein schlechtes Zählergebnis zustande. Die Bauern wurden daher mit Ihrer Klage abgewiesen und obendrein als Querulanten bestraft. Da gelang es schließlich durch Vermittlung eines Freundes den Kurfürsten zu bewegen, dass drei Bauern mit ihren Beschwerden persönlich bei ihrem Landesherrn vorgelassen wurden: Peter Marx von Leidenhausen, Wilhelm Wennerscheid von Moitzfeld und Heinrich Scharrenbroich von Gut Schwiegelshohn bei Forsbach.

Der Kurfürst zeigte sich anfangs ablehnend, weil ihm Berichte vorlagen, die den Wildbestand bagatellisierten. Scharrenbroich erwiderte daraufhin schlagfertig: „Wenn ich einen Hut mit Kronentalern in die Höhe werfe, so setze ich meinen Kopf dafür, dass in den 41 Feldern am Königsforst nicht drei Stück neben Hirschspuren fallen“. Die beiden anderen Bauern sowie der Ratgeber des Kurfürsten sprachen im gleichen Sinne. Die Audienz hatte Erfolg. Drei Unbeteiligte wurden beauftragt, die Zahl des Wildes erneut festzustellen. Und das Ergebnis dieser Feststellung? „Es wurden 4000 Hirsche gezählt“, berichtet der Chronist jener Tage. Der Kurfürst ordnete an, die Hirsche bis auf 100 Stück zu dezimieren und die Wildschweine ganz zu vertilgen. Helle Freude löste diese Anordnung in der ganzen Bevölkerung aus.

Im Herbst 1790 begann im Königsforst und im Frankenforst ein übermütiges Knallen, und bis in den Dezember hinein wurde in jeder Woche eine große Anzahl Hirsche und Wildschweine erlegt. Wildbret gab es in jedem Haushalt; das Pfund kostete nur wenige Pfennige. „Am Dienstag nach Weihnachten 1790“, so heißt es in der Ortschronik, feierte man in Bensberg das Hirschfest als Dank für die Befreiung von der Wildplage. Aus der ganzen Umgebung kamen die Gäste nach Bensberg mit grünen Tannenzweigen am Hut. Viele Schützenvereinigungen hatten sich mit ihren Büchsen und Fahnen eingefunden. Eine allgemeine „Völkerwanderung“ setzte ein, wie bisher noch nicht dagewesen. Im Kaffeehaus, im Schatten des altersgrauen Schlossturmes, hatte der Festausschuss unter der Leitung von Wennerscheid, Moitzfeld und Herkenrath, Sand, seine Zelte aufgeschlagen.

Das Fest begann mit einem Dank Amt und Te Deum in der Pfarrkirche. Umzüge und Fähnchen schwenken, Musik und Böllerschüsse, Gastmähler und fröhlicher Umtrunk, Tanz und Freude folgten in buntem Wechsel - bis die Schatten der Nacht sich langsam auf das schlossgekrönte Bensberg herabsenkten und diesen denkwürdigen Wintertag von Anno 1790 ausklingen ließen.

Quelle: Auszug aus der Vereinschronik der Schützengilde „Jan Wellem“ e.V. Bensberg

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